Nachhal­tig­keits­stra­te­gie: Beispie­le für Unter­neh­men in der Transformation

Lesezeit: 5 Minuten
In diesem Artikel stellen wir Dir Good-Practice-Beispiele für nachhaltige Unternehmen in der Transformation vor.

Einleitung: Neue Studie zum Stand des nachhaltigen Wirtschaftens in Deutschland

Klimaschutz und Nachhaltigkeit – diese politischen Ziele werden immer wichtiger. Nachhaltiges Wirtschaften ist zur Erreichung eine Grundvoraussetzung. Doch wo steht Deutschland, wenn es um den Stand des nachhaltigen Wirtschaftens geht? Um die Debatte darüber zu versachlichen und einen Überblick zu bekommen, wo wir als Wirtschaftsstandort stehen, hat der Rat für Nachhaltige Entwicklung eine Studie in Auftrag gegeben, die im Mai 2021 veröffentlicht wurde. Enthalten sind dabei auch 10 Steckbriefe zu Best-Practice Beispiele nachhaltigkeitsorientierter Unternehmen, die wir hier vorstellen wollen. Für drei der Unternehmen wurde zusätzlich eine Podcastfolge von MASTERS OF CHANGE -  eine Podcast über Nachhaltigkeit und Wandel erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Hinter­grund der Studie

Die Studie besteht aus einer syste­ma­ti­schen Analy­se wissen­schaft­li­cher Studi­en zum nachhal­ti­gen Wirtschaf­ten in Deutsch­land und erstellt so eine Gesamt­bi­lanz von voran­schrei­ten­den Unter­neh­men in Deutsch­land aus verschie­de­nen Branchen. Unter Mitwir­kung der GWT stellen Prof. Dr. Remmer Sassen (TU Dresden), Leyla Azizi (TU Dresden), Vera Braun (TU Dresden) und Dr. Colin Bien (nRole) sowohl syste­ma­ti­sche Fehlstel­len und metho­di­sche Heraus­for­de­run­gen als auch Unter­neh­men heraus, die als Leucht­tür­me nachhal­ti­gen Wirtschaf­tens in Deutsch­land angese­hen werden können.

Leucht­tür­me für Nachhal­tig­keit im Unternehmen

Es werden 10 Unter­neh­men porträ­tiert, die als Good-Practi­ce-Beispie­le gelten können. Unter­teilt sind diese in drei Kategorien

In diesem und zwei folgen­den Blogbei­trä­gen (Unter­neh­men mit Kernge­schäft Nachhal­tig­keit & Start-ups und kleine Unter­neh­men) werden die porträ­tier­ten Unter­neh­men vorge­stellt. Darüber hinaus lohnt sich für Inter­es­sier­te ein Blick hier in die gesam­te Studie.

Unter­neh­men in der Transformation

Begin­nend werden die Unter­neh­men der ersten Katego­rie vorge­stellt. Jedes davon erfüllt mindes­tens eins von 17 vorher ausge­wähl­ten Krite­ri­en (siehe Abb. unten) wie z.B., dass es einen veröf­fent­li­chen Bericht nach dem Global Report­ing Initia­ti­ve (GRI) Standard hat oder Mitglied des B.A.U.M. e.V. ist.


Beispiel I: Deutsche Telekom AG

Ein Unter­neh­men, welches beide der eben genann­ten Krite­ri­en (und noch mehr) erfüllt, ist die Deutsche Telekom AG. Es ist das größte Telekom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men in Deutsch­land und beschäf­tig­te im Jahr 2019 mehr als 218.000 Mitar­bei­ten­de weltweit. Sukzes­siv hat der Konzern das Thema Nachhal­tig­keit in den letzten Jahren in die Unter­neh­mens­stra­te­gie einge­führt und nennt es sogar seit 2019 als offizi­el­len Teil dieser. Die CR-Strate­gie (Corpo­ra­te Respon­si­bi­li­ty) beinhal­tet drei Hauptaspekte:

  • Nachhal­ti­ge Lebens­wei­sen in einer digita­len Welt,
  • Zugang und Teilha­be an der Infor­ma­ti­ons- und Kommu­ni­ka­ti­ons­ge­sell­schaft, und
  • Klima- und Ressour­cen­scho­nen­de Gesellschaft.

Darun­ter gliedern sich wieder­um verschie­de­ne Themen wie u.a. Daten­si­cher­heit, Digita­li­sie­rung und nachhal­ti­ge Liefer­ket­ten. Die Deutsche Telekom AG hat sich des Weite­ren ambitio­nier­te, nachhal­ti­ge Ziele gesetzt. Beispiels­wei­se soll eine nachhal­ti­ge Anlage­stra­te­gie für die Kapital­an­la­gen der Deutschen Telekom entwi­ckelt und imple­men­tiert werden. Außer­dem soll der Strom­ver­brauch des Konzerns auf 100 % erneu­er­ba­re Energien umgestellt werden. Hinzu kommen auch sozial­po­li­ti­sche Ziele wie eine Erhöhung des Frauen­an­teils in Führungspositionen.

Veran­ke­rung von Nachhal­tig­keit im Unternehmen

Wird die Deutsche Telekom AG genau­er betrach­tet, zeigt sich, dass Nachhal­tig­keit und Corpo­ra­te Respon­si­bi­li­ty bereits stark im Unter­neh­men veran­kert ist. So trägt nicht nur der Vorstand die CR-Gesamt­ver­ant­wor­tung, es gibt zusätz­lich CR-Manager:innen, die für die Umset­zung der CR-Strate­gie zustän­dig sind. Durch ein CR-Board ergibt sich zudem eine Rückkopp­lung zwischen CR und dem Kernge­schäft. Die Richt­li­ni­en sind dabei formal und verbind­lich festge­legt. Hinzu­kommt ein IT-basier­tes CR-Control­ling, das die Prozes­se misst und steuert. Die Deutsche Telekom AG hat ein integrier­tes Gesundheits‑, Sicher­heits- und Umwelt­ma­nage­ment­sys­tem sowie Compli­ance Manage­ment Syste­me implementiert.

Weite­re Infor­ma­tio­nen aus dem Steckbrief

Erfüll­te Krite­ri­en der Studie 

  • GRI, DNK, IÖW
  • DNP (Sieger Großun­ter­neh­men 2018)
  • Mitglied B.A.U.M e.V., Econsense
  • UN Global Compact
  • LifeVer­de Liste

Highlights des Nachhaltigkeitsmanagements

  • Ethisphe­re Award: Award als eines der ethischs­ten Unter­neh­men der Welt
  • Cloud-Compu­ting: CO₂-Emissio­nen Reduzie­rung durch Cloud-Angebo­te für Kunden:innen
  • Flotten­ma­nage­ment: Nutzung CO₂-optimier­ter Fahrzeu­ge im Unternehmen
  • Weniger Plastik: Reduzie­rung von Kunst­stoff bei der Herstel­lung von SIM-Lochkarten

Beispiel II: Tchibo GmbH

Ebenso ein großes Unter­neh­men, dass als Good-Practi­ce-Beispiel in der Studie nachhal­ti­ges Wirtschaf­ten in der Katego­rie „Unter­neh­men in der Trans­for­ma­ti­on“ ist, ist die Tchibo GmbH. Sie wurde 1949 in Hamburg gegrün­det und ist vor allem für den Handel mit Kaffee bekannt. Hinzu­kommt ein wechseln­des Non-Food-Sorti­ment sowie Dienst­leis­tun­gen im Bereich Reisen und Mobil­funk. Bereits seit über 15 Jahren gehört das Thema Nachhal­tig­keit auch in diesem Konzern zu einem der strate­gi­schen Ziele, das von der Geschäfts­füh­rung voran­ge­trie­ben wird.
Die Nachhal­tig­keits­stra­te­gie der Tchibo GmbH umfasst neun Themengebiete:

  • Nachhal­tig­keits­ma­nage­ment,
  • Trans­for­ma­ti­on,
  • Mitar­bei­ten­de,
  • Gesell­schaft,
  • Kund:innen,
  • Menschen und Arbeitsrechte,
  • Umwelt­schutz,
  • Non-Food‑,
  • und Kaffee­lie­fer­ket­te.

Dabei verfolgt das Unter­neh­men verschie­de­ne Ziele, die in regel­mä­ßi­gen Berichts­er­stat­tun­gen ausführ­lich beschrie­ben werden (nach GRI & DNK Standard). Darun­ter z.B. den Anteil nachhal­ti­ger Baumwol­le auf 100 % erhöhen oder die verur­sach­ten Emissio­nen reduzieren.

Veran­ke­rung von Nachhal­tig­keit im Unternehmen

Das Thema Nachhal­tig­keit ist bei der Tchibo GmbH an mehre­ren Stellen veran­kert. So sind die Verant­wort­lich­kei­ten für die nachhal­ti­gen Maßnah­men im Unter­neh­men klar geregelt und ziehen sich durch alle Hierar­chie­ebe­nen. Des Weite­ren ist es seit 2006 offizi­el­ler Bestand­teil der Geschäfts­stra­te­gie und im Verhal­tens­ko­dex (Code of Conduct) veran­kert. Dieser Kodex hat nicht nur Aufla­gen für das Unter­neh­men selbst, sondern auch für Mitar­bei­ten­de sowie Zulie­fe­ran­ten und Geschäftspartner:innen. Diese Anfor­de­run­gen sowie das unter­neh­me­ri­sche Handeln der Tchibo GmbH orien­tiert sich an inter­na­tio­na­len Standards wie beispiels­wei­se der inter­na­tio­na­len Menschen­rechts­char­ta der ILO.

Weite­re Infor­ma­tio­nen aus dem Steckbrief

Erfüll­te Krite­ri­en der Studie

  • GRI, DNK
  • DNP (Sieger Großun­ter­neh­men 2016, B.A.U.M e.V. Preis
  • Mitglied B.A.U.M e.V.
  • UN Global Compact
  • LifeVer­de Liste
  • Grüner Knopf

Highlights des Nachhaltigkeitsmanagements

  • Liefer­ket­te: Die Tchibo GmbH setzt sich für nachhal­ti­ge und sozia­le Liefer­ket­ten ein.
  • Materia­li­en: Es werden Natur­fa­sern aus biolo­gi­schen Anbau, synthe­ti­sche Fasern und Kunst­stof­fe aus recycel­tem Materi­al sowie chemisch produ­zier­te Fasern aus Zellu­lo­se verwendet.
  • Tierfa­ser-Sorti­ment: Ab 2021 verwen­det Tchibo kein konven­tio­nel­ler Kasch­mir mehr.
  • Recycling: Um eine Kreis­lauf­wirt­schaft herzu­stel­len, wurde 2018 erstmals recycel­te Wolle eingesetzt.
  • Work-Life-Balan­ce: Das Unter­neh­men unter­stützt Mitar­bei­ten­de, einen Ausgleich zwischen Arbeits- und Privat­le­ben zu finden. Dafür bietet es z.B. Sport­kur­se im hausei­ge­nen Freizeit­zen­trum an.

Mit Tchibo im Gespräch – der Podcast

Du möchtest mehr über die Tchibo GmbH und das Thema Nachhal­tig­keit erfah­ren? Für die Studie wurde ein Podcast mit dem Unter­neh­men aufge­nom­men. Hier kannst du ihn hören.

Beispiel III: REWE Group

Das dritte und letzte Unter­neh­men der Katego­rie „Unter­neh­men in der Trans­for­ma­ti­on“ ist die REWE Group. Die Gruppe wurde 1927 gegrün­det und agiert in über 20 europäi­schen Ländern. Mit einem Umsatz von 62,7 Mrd. Euro im Jahr 2019 und über 360.000 Mitar­bei­ten­den ist es ebenfalls eins der großen Unter­neh­men in Deutsch­land. Einer der ersten wichti­gen Schrit­te Richtung Nachhal­tig­keit ging die REWE Group bereits Anfang der 90er-Jahre, als sie als einer der ersten Akteu­re bundes­weit Fair Trade Kaffee ins Sorti­ment aufnah­men. Darauf­hin folgten viele weite­re Maßnah­men. Bis heute ist die REWE Group in einem umfäng­li­chen Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess, der aufgrund seiner Inhal­te bereits ausge­zeich­net wurde.

Nachhal­tig­keit gehört bei der REWE Group zum Leitbild des Unter­neh­mens. Die CR-Strate­gie gründet sich dabei auf vier Hauptaspekten:

  • Grüne Produk­te,
  • Energie, Klima und Umwelt,
  • Mitar­bei­ten­de,
  • gesell­schaft­li­ches Engagement.

Diese Haupt­the­men werden des Weite­ren in unter­schied­li­che Handlungs­fel­der unter­glie­dert, in denen das Unter­neh­men durch Projek­te und Koope­ra­tio­nen stetig neue Ziele erreicht. Ebenso wie die zwei anderen, bereits vorge­stell­ten Unter­neh­men, hat auch die REWE Group ambitio­nier­te Ziele im Bereich Nachhal­tig­keit. Dazu gehört unter andere, dass der Anteil der umwelt­freund­li­chen Eigen­mar­ken­ver­pa­ckun­gen bis zum Jahr 2030 auf 100 % erhöht werden soll sowie die Erhöhung der Anzahl zerti­fi­zier­ter Produk­te im Markt. Im sozial­po­li­ti­schen Bereich engagiert sich das Unter­neh­men für ein ausge­wo­ge­nes Geschlech­ter­ver­hält­nis in Führungs­po­si­tio­nen. Darüber hinaus arbei­tet die REWE Group daran, bis 2025 ein Beschwer­de­me­cha­nis­mus-System für die relevan­ten Liefer­ket­ten einzuführen.

Veran­ke­rung im Unternehmen

Bei der REWE Group liegt die Verant­wor­tung für die Nachhal­tig­keits­stra­te­gie bei den Vorstands­vor­sit­zen­den. Zudem gibt es einen Fachbei­rat für Nachhal­tig­keit sowie ein strate­gi­sches Nachhal­tig­keits­ma­nage­ment. Zweimal im Jahr veran­stal­tet das Unter­neh­men eine gruppen­wei­te Nachhaltigkeitsinformationsveranstaltung.

Weite­re Infor­ma­tio­nen aus dem Steckbrief

Erfüll­te Krite­ri­en der Studie

  • GRI, DNK, IÖW
  • DNP (Sieger Deutsch­lands nachhal­tigs­te Initia­ti­ve 2010), B.A.U.M e.V. Preis
  • Mitglied B.A.U.M e.V.
  • LifeVer­de Liste
  • Grüner Knopf

Highlights des Nachhaltigkeitsmanagements

  • Gebäu­de: Neue Märkte der REWE Group werden nach den Krite­ri­en des DGNB gebaut.
  • Innova­tio­nen: Das Unter­neh­men verwen­det das „Natural Branding“, um Plastik­ver­pa­ckun­gen zu vermeiden.
  • Verpa­ckungs­ideen: Die Gruppe erhielt den Sonder­preis „Verpa­ckung“ des Deutschen Nachhal­tig­keits­prei­ses für Ideen zum Thema „Verpa­ckun­gen von morgen“.
  • Plastik: Die REWE Group hat eine Initia­ti­ve, die das Ziel hat, Plastik einzu­spa­ren. Sie nennt sich „Raus aus Plastik“.

Das waren die ersten drei Good-Practi­ce-Beispie­le aus der Studie “Stand nachhal­ti­gen Wirtschaf­tens in Deutschland”.

Im nächs­ten Beitrag stellen wir dir die nächs­te Katego­rie “Nachhal­tig­keit im Kernge­schäft” vor. 

Dr. Colin Bien

Colin ist Gründer von .nRole. Als promovierter Wirtschaftswissenschaftler mit Nachhaltigkeitsschwerpunkt hat er den Onlineshops True Fabrics gegründet und daher umfassende Kompetenzen im E-Commerce und Onlinemarketing. Zuvor gründete er die Event- und DJ-Agentur Boom le Choc mit. Er co-initiierte das europaweit größte Netzwerk für Nachhaltigkeit an Hochschulen (HOCHN) und hat als freiberuflicher Trainer für den Europäischen Rechnungshof gearbeitet. Erfahrungen in der Nachhaltigkeitsberatung hat er als Werkstudent in verschiedenen Beratungen gewinnen können. Er war Koordinator für Nachhaltigkeitsfragen an der Universität Oldenburg und zuletzt wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg. Colin hat an den Universitäten Oldenburg, Lüneburg und der ESCP Berlin doziert, mit dem Schwerpunkt auf Geschäftsmodellentwicklung grüner Start-ups.

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